18. März 2022 / Aus aller Welt

Fika - das kleine Pausen-Glück in Schweden

Die Schweden zählen seit langem zu den zufriedensten Menschen der Welt. Ein Geheimmittel des schwedischen Glücks findet sich in der täglichen Kaffeepause am Arbeitsplatz.

Für die Skandinavier bietet die Fika-Tradition eine willkommene Unterbrechung des Arbeitstages, um mit Kolleginnen oder Freunden Abstand vom beruflichen Stress zu gewinnen.

Ein Deutscher und eine Schwedin gehen in ein Café, um während der Arbeit eine kleine Pause zu machen. Er bestellt Butterkuchen, sie eine Zimtschnecke. Das Getränk dazu ist dasselbe: Kaffee.

Und doch ist in der Regel etwas anders, wenn Schwedinnen und Schweden auf diese Weise für einen Moment innehalten: In regelmäßigen Kaffeepausen während des Arbeitsalltags und in der Freizeit füllen sie nicht nur ihren Koffeinhaushalt auf, sondern auch ihre Glücksreserven - und das hat Tradition im hohen Norden.

Fika nennt sich diese Tradition, die zu Schweden gehört wie Ikea, Abba und Greta Thunberg. Dem schwedischen Wörterbuch zufolge bedeutet dieses kleine Wörtchen heute ganz einfach «Kaffee trinken» oder «Kaffeepause machen». Für die Skandinavier ist die Fika aber viel mehr: Sie bietet eine willkommene Unterbrechung des Arbeitstages, um mit Kolleginnen oder Freunden Abstand vom beruflichen Stress zu gewinnen. Dem einen reicht in diesen Pausen etwas Gebäck, andere gönnen sich eine Zimtschnecke oder gar ein Stück Prinzessinnentorte. Kaum ein Weg führt dagegen an einem vorbei - am Kaffee.

Nun gelten die Menschen im benachbarten Finnland und Dänemark als noch ein Stückchen glücklicher, aber auch die Schweden zählen seit langem zu den zufriedensten Bevölkerungen der Welt: Nach dem jüngsten Bericht anlässlich des Weltglückstages am 20. März landete Schweden auf Rang sieben, vor Deutschland auf Rang 14. Ob das auch am regelmäßigen Kaffeepäuschen liegen mag?

Tatsächlich sind solche Fika-Pausen den schwedischen Arbeitnehmern vertraglich zugesichert und auch Teil der bezahlten Arbeitszeit, wie Richard Tellström von der Universität Stockholm erzählt. Er gilt als einer der führenden Experten für die schwedische Essenskultur und -geschichte. Die Fika sei eine gemeinschaftliche Arbeitspause, die aus Lohnvereinbarungen mit den schwedischen Gewerkschaften entstanden sei, erzählt er. «Sie erlaubt Leuten, 20 Minuten Pause am Morgen und 20 Minuten Pause am Nachmittag zu machen.»

Zu einer fixen Zeit verlassen Schwedinnen und Schweden somit schon seit Jahrzehnten ihren Arbeitsplatz, um miteinander Kaffee zu trinken, über die Arbeit zu sprechen und zu klönen. Anwesenheit ist dabei mehr oder weniger Pflicht. «Wenn du nicht daran teilnimmst, dann machst du dich verdächtig. Wieso willst du nicht mit uns Kaffee trinken? Magst du uns etwa nicht?», sagt der Essensforscher.

Nun gibt es Kaffeepausen auch in Deutschland. Etwas ist bei den Schweden aber anders: «Natürlich trinkt ihr auch in Deutschland Kaffee, wenn ihr Pause habt», sagt Tellström. «Aber ich glaube, dass ihr den Kaffeebecher mit an den Arbeitsplatz oder Computer nehmt. Hier ist das eine besondere, gemeinschaftliche Auszeit.»

Und noch etwas unterscheidet sich: Auch der Chef ist in Schweden bei der Fika dabei, um mit seinen Angestellten über gewöhnliche Dinge wie das letzte Wochenende, Fußball oder die Pläne für den Sommerurlaub zu sprechen. Hierarchien wie an manchen deutschen Arbeitsplätzen gebe es nicht. «Alle sind auf der gleichen Ebene», sagt Tellström.

Die Tradition gilt somit als wichtiger Bestandteil der schwedischen Arbeitskultur. «Eine Fika kann wie Zeitverschwendung aussehen, ist aber tatsächlich wichtig, damit Angestellte Informationen über die Arbeit austauschen», betont Tellström. Dies sei wichtig für die Effizienz, aber auch aus sozialer Hinsicht. «Es gibt dir auch das Gefühl, zu einer Gruppe zu gehören.» Ob die Fika die Schweden somit glücklicher mache? «Ja, definitiv», antwortet der Experte. Angesichts von Corona-Pandemie, Klimakrise und Ukraine-Krieg ergänzt er: «Das ist besonders in Zeiten wie diesen wirklich sehr nett.»

Nachgefragt bei einem von Schwedens Aushängeschildern: Bei Ikea wird die Fika-Tradition weiter hochgehalten, alle Standorte sind eigens mit bestimmten Fika-Orten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgestattet, wie Ikea-Deutschland-Sprecherin Sabine Nold erzählt. In Zeiten von Homeoffice und Corona-Beschränkungen sind die Pausen teils ins Internet verbannt worden, haben ihre Bedeutung für den Konzern aber nicht verloren - ganz einfach, weil die Fika-Auszeiten nicht nur den Menschen, sondern auch der Arbeit zugutekommen.

«Überall da, wo Menschen eine gute Verbindung zueinander haben und wo sie gut miteinander arbeiten, herrscht ein sehr viel angenehmeres Arbeitsumfeld», sagt Nold. Die regelmäßige Fika sorge dafür, dass man viel besser zusammenarbeiten und Probleme lösen könne. «Die ganze Arbeitsatmosphäre ist also eine andere. Das macht einen zufriedener, fördert den Zusammenhalt und ich bin fest davon überzeugt, dass es auch bessere Ergebnisse bringt.»

Übrigens: Ein Ikea-Produkt mit dem Namen «Fika» gibt es noch nicht.


Bildnachweis: © Steffen Trumpf/dpa
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