7. September 2021 / Aus aller Welt

Mord im Klosterwald: Gerechtigkeit im dritten Anlauf?

Es ist eine Seltenheit im Rechtssystem, dass ein Fall dreimal von Beginn an aufgerollt werden muss. Eine 23-Jährige ist vor sechs Jahren getötet worden. Ihre Familie kämpft um ein angemessenes Urteil.

Nach dem gewaltsamen Tod einer Studentin gibt es einen dritten Prozess gegen den freigesprochenen Verdächtigen.

Zum dritten Mal wird es vor Gericht um ein und dieselbe Gewaltverbrechen gehen: Am 12. September 2015 hat ein mehrfach verurteilter Vergewaltiger Freigang aus dem Maßregelvollzug Rehburg in Niedersachsen.

Als er von seinem Fahrradausflug zurückkehrt, liegt eine 23-jährige Joggerin getötet im nahen Wald am Kloster Loccum. Sechs Jahre später ist der Fall weiter offen und eine neue Verhandlung wegen Mordvorwurfs beginnt.

Das Landgericht Osnabrück muss das Verbrechen ab Mittwoch (8. September) noch einmal von Anfang an verhandeln, denn der Familie der Toten haben zwei frühere Urteile keine Ruhe gelassen. Und zweimal gab der Bundesgerichtshof (BGH) der Revision der Angehörigen statt: Das Landgericht Verden sei dem Fall nicht gerecht geworden.

BGH verwirft zwei Urteile

Der BGH verwarf erst die Verurteilung des Verdächtigen von 2017 zu elfeinhalb Jahren Haft wegen Totschlags mit Sicherungsverwahrung. Dann kippte er einen überraschenden Freispruch von 2019. Als Konsequenz wurde der Fall für die dritte Verhandlung nach Osnabrück verwiesen (Az. 6 Ks 5/21).

Gegen den Freispruch hatte auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Die Verdener Kammer hatte den Angeklagten freigesprochen aus Mangeln an Beweisen. Aber das ließ der BGH als oberstes deutsches Strafgericht nicht so stehen. «Eine Beweiswürdigung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft», hieß es in dem Spruch des 3. Strafsenats vom März 2021.

Beweislage unklar

Die Kammer in Verden habe die Vorgeschichte des mittlerweile 53-jährigen Sexualstraftäters nicht genügend berücksichtigt, mögliche Ähnlichkeiten zu anderen Taten nicht geprüft. Auch über das belastendste Indiz seien die Richter hinweggegangen: ein zerknülltes Kaugummipapier mit Genspuren des Täters, das am Tatort gefunden wurde. Die Richter hatten damals argumentiert, es lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen, wann der Mann das Papier an dieser Stelle weggeworfen habe. An dem Ort weitab von allen Wegen hatte der verzweifelte Vater 2015 seine Tochter gefunden, als er auf eigene Faust den Wald durchkämmte.

Bei dem Freispruch spielten auch Zeugenaussagen eine andere Rolle als beim ersten Prozess. Die Richter schenkten im Prozess zwei Zeuginnen mehr Glauben. Sie wollen das Opfer in Begleitung eines unbekannten jungen Mannes gesehen haben.

Die Anklage gegen den 53-Jährigen in Osnabrück lautet erneut auf Mord. Es ist eine Seltenheit im Rechtssystem, dass ein Fall gleich dreimal vor Gericht verhandelt werden muss.


Bildnachweis: © Julian Stratenschulte/dpa
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